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Es ist Zeit, aus den bunt gemischten Zwickmühlen zu verschwinden. Dreizehn Geschichten erzählen von Eskalation oder Endpunkten, an denen sich die Hauptfiguren zur Entscheidung gezwungen sehen, ob sie ihren Weg weitergehen wollen oder nicht. Manchmal erübrigt sich die Frage auch, weil die Situation von selbst an einen Endpunkt kommt.
Während im "Grünzeug" ein alter Herr zur Überzeugung kommt, dass er sein ganzes Leben einem uninteressanten Thema gewidmet hat, gerät in "Sicherheitshalber" Herr Karbacher aus lauter Angst vor imaginierten Gefahren in gänzliche Erstarrung.
Der Schwerpunkt der Erzählungen liegt auf der Darstellung von Systemen, die sich durch die Lebenspraxis zu etwas Starrem verfestigen, was den Beteiligten nahe legt, dieses System nicht mehr weiterzuführen. Offen bleibt die Frage, ob es sich dabei um Scheitern, oder um die für jedes Leben unvermeidliche Mischung aus Versuch und Irrtum handelt. Dazu kommt noch, dass für einen Aufbruch in die Veränderung immer etwas Altes beendet werden muss, was deshalb im Rückblick oft die Tragik verliert und als Chance gedeutet werden kann.
Manchmal blitzt auch Ironie auf und bietet den Ausweg: Tragisch ist nur, was man tragisch nimmt.
Das Leben geht weiter, manchmal irgendwo anders.
Am Ende der Auswegsuche wird der Autor in seiner Autobiographie zu einer Figur, die von einem Computervirus ins Verschwinden getrieben wird.
Damit ist zwangsläufig das Ende des Buches gekommen.

Die Auswahl der Texte hat auch mit deren Anerkennung zu tun. Sie wurden entweder (oft anonym) von Fachjurien für Anthologien oder Literaturpreise ausgewählt, oder teilweise sogar mehrfach im Rundfunk gesendet.

Textprobe

Man glaubt, ertrinken hat mit Erstickungsangst zu tun und Todeskampf und Panik aber das ist nicht so.
Wissen sie. Sie müssen sich das so vorstellen. Man atmet ganz normal weil man einfach nicht mehr den Mund geschlossen halten kann. Das ist ja ein Reflex dass dir die Rippen hochkippen und der Brustkorb wird weiter und der Mund geht auf und in dich saugt sich ein was sich gerade vor dem Mund befindet. In jenem Fall, wo du mit dem Kopf einmal unter Wasser geraten bist, hast du eben Wasser in den Lungen.
Mein Gott, war das kalt.
Nachher hustest du und spuckst Wasser und in dir ist einfach zu wenig Sauerstoff, verstehen sie. Die Atmung funktioniert ganz normal, die Bewegungen von Brustkorb und Mund und alles - nur es kommen eben keine Luft und kein Sauerstoff sondern Wasser und das reicht nicht um alles zu versorgen -
Eigentlich ist es ein schöner Tod und rasch. Das weiß einer nur, wenn er es erlebt hat.
Ich habe es erlebt, sagt er. Dir wird ein wenig schummrig und schwarz und dann ist es wie einschlafen.
Das Schlimme kommt danach, weil sie mich ja sofort erwischt haben und hinausgezogen ins Boot, wissen sie, es war eine ganz blöde Geschichte, wir hängen die Boote zusammen und schleppen sie hinüber in ein Bootshaus für den Winter und ich spring so von einem zum anderen um sie aneinanderzuhängen wie sonst auch immer und irgendwo bin ich abgerutscht und tatsächlich in den See gekippt mit der Daunenjacke und der dicken Cordhose die hat sich verklemmt und es ist halt blöd hergegangen.
Die meisten hier haben ein Opfer des Sees in der Verwandtschaft oder unter den Vorfahren, Großonkel und Kinder.
Aber im Sommer leben sie von den Besuchern des Sees, sage ich nach einer kurzen Gedenkpause an alle Toten der Region, alle Ersoffenen, alle von Bäumen Erschlagenen; alle Motorradfahrer, die in den Kurven geradeaus und die Jungen in den aufgemotzten Golf GTI nach der Disco und so weiter und so weiter. Jetzt ist Sonne und Leben, sage ich.
Ja, sagt er. Also ein Ruderboot für einen halben Tag. Sie zahlen nachher.
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